Pferde zu dopen gilt als besonders verwerflich. Denn während menschliche Sportler nur ihren eigenen Körper schädigen, spielen Reiter auch immer mit der Gesundheit ihrer Pferde. Der Weltverband FEI verfolgt daher seit mehreren Jahrzehnten eine strikte Nulltoleranz-Politik im Pferdesport: Pferde, bei denen sich körperfremde Stoffe nachweisen lassen, dürften nicht an Wettkämpfen teilnehmen. Wer gegen diese Regelung verstößt, muss mit einer Sperre rechnen. Diese kann unter Umständen dann erhebliche finanzielle und sportliche Einbußen mit sich bringen. Bei wirklichen Tätern ist dies als Abschreckung auch durchaus erwünscht. Problematisch wird dies allerdings bei Reitern, die unverschuldet in Dopingverdacht geraten. Wie leicht das passieren kann, zeigt der Fall des Schweizer Reiters Steve Guerdat. Dessen Pferde Nino de Buissonnets und Nasa wurden positiv auf die Substanzen Codein, Oripavin und Morphin getestet.

Auch auf Schweizer Wiesen findet sich Schlafmohn

Doping -Wiese? Sommerwiese mit Kornblumen, under anderem Mohn

Doping -Wiese?? Sommerwiese mit Kornblumen, under anderem Mohn © Can Stock Photo Inc. / GerckensPhoto

Doch der Olympiasieger von 2012 beteuerte seine Unschuld und konnte davon auch die Richter des Weltverbands überzeugen. Diese hoben die Sperre gegen den Reiter auf, weil dieser plausibel nachweisen konnte, dass die positiven Proben auf verunreinigte Futtermittel zurückzuführen waren. Dazu ließ Steve Guerdat auf eigene Kosten alle seine Pferde testen. Die Ergebnisse lieferten dabei ein klares Bild: Alle Pferde, die ein bestimmtes Futtermittel aus Osteuropa fraßen, wurden positiv getestet. Für den Reiter und die Richter des Weltverbands deutete dies darauf hin, dass das Futter mit Mohn verunreinigt war. Die Problematik lässt sich dabei aber nicht nur auf importiertes Futter reduzieren. Denn auch auf vielen Wiesen und Weiden in der Schweiz besteht die Gefahr, dass die Pferde winzige Mengen an Mohn aufnehmen.

Verbesserte Laboranalysen führen zu mehr positiven Dopingproben

In der Vergangenheit war dies aus dopingtechnischer Sicht kein Problem. Denn verunreinigtes Futter sorgt nur für eine extrem geringe Konzentration an verbotenen Substanzen. Lange Zeit konnten die Dopinglabors diese minimalen Rückstände schlicht nicht nachweisen. Dies hat sich inzwischen geändert. Mittlerweile lassen sich Substanzen bis in den Nanobereich nachweisen. Schon bei 0,000000001 Gramm pro Milliliter kommt es zu einer positiven Probe. Für die Reiter ist es dann schwierig, nachzuweisen, dass es sich nicht um bewusstes Doping handelte. Nicht alle können es sich leisten, Analysen auf eigene Kosten durchführen zu lassen.

Mehrere Fälle von Doping pro Jahr lassen sich auf Schlafmohn zurückführen

Hinzu kommt ein weiteres Problem: Selbst wenn der Reiter nicht gesperrt wird, bleibt die Sperre für die Pferde bestehen. Für Reiter, die nicht über eine Vielzahl an Pferden oder ausgiebige finanzielle Reserven verfügen, kann dies existenzbedrohend sein. Dabei behauptet nicht einmal der Weltverband, dass die im Nanobereich nachgewiesenen Mengen eine Leistungssteigerung mit sich bringen. Die positiven Dopingproben haben also mit Doping im eigentlichen Sinn nur wenig zu tun. Wie schwer es selbst für erfahrene Reiter ist, sich vor Futterverunreinigungen zu schützen, zeigt eine weitere Zahl: Rund ein Viertel der beim Weltverband verhandelten Dopingfälle im Pferdesport drehen sich um die Substanzen Codein, Oripavin und Morphin. Für die Reiter bringt dies erhebliche Kosten mit sich: Sie müssen eine Zeit auf ihre Pferde verzichten, ihre Verteidigung bezahlen und gegebenenfalls auf eigene Kosten weitere Proben vornehmen.

Pferd und Reiter drohen mindesten zwei Monate Sperre

Für einen Olympiasieger wie Guerdat ist vielleicht noch möglich, wobei es Steve Guerdat nach eigener Ausage auch all seine Ersparnisse gekostet hat, weniger berühmte Reiter hingegen können so an ihre finanzielle Schmerzgrenze gelangen. Denn selbst wenn der Nachweis gelingt, dass die nachgewiesenen Substanzen auf das Futter zurückzuführen sind, bleibt der Reiter auf seinen Kosten sitzen. Bei einigen Medikamenten hat der Weltverband daher bereits reagiert und eine so genannte Wirksamkeitsanalyse durchgeführt. Dabei wurde festgestellt ab welcher Menge ein bestimmter Wirkstoff tatsächlich noch Auswirkungen auf den Organismus des Pferdes hat. Werte unterhalb dieser Schwelle lassen sich dann zwar noch im Labor nachweisen, führen aber nicht zu Konsequenzen. Bei vielen anderen Substanzen aber gilt weiterhin: Selbst wenn diese nur im Nanobereich nachgewiesen werden, führt dies zu einer provisorischen Doping Sperre von zwei Monaten – und zwar sowohl für das Pferd, als auch für den Reiter.