Ernst Leinert (Foto: Hans-Joachim Reiner)
Ernst Leinert – ein Leben mit den Pferden
Nur einem Zufall ist es zu verdanken, dass der in Berlin und Brandenburg sehr bekannte und beliebte Reiter, Trainer und Richter Ernst Leinert, zur Reiterei kam, denn er entstammte einer sehr bekannten Artistenfamilie, die ihren Wohnsitz in Zeuthen und in Berlin hatte.
Ernst erlernte aber nach der Schule den Bäckerberuf, den er allerdings dann wegen einer Allergie nicht ausüben konnte. Seine Liebe zum Kuchen ist jedoch bis heute geblieben. Ernst Leinert musste sich nun für eine neue berufliche Laufbahn entscheiden und bewarb sich bei der Berliner Polizei. Sein Weg führte ihn zur Bereitschaftspolizei in Moabit und an die Polizeischule Spandau. Eigentlich wollte er sich anschließend bei der Motorradstaffel bewerben. Ihn lockten viele PS und schnelle Maschinen.
Aber dann kam ein Zufall ins Spiel, der Ernst Leinert auf den Weg führte, der sein ganzes weiteres Leben bis zum heutigen Tage geprägt hat. Ein Kollege erzählte ihm nämlich, dass bei der Berliner Reiterstaffel Stellen frei wären. Obwohl er zuvor nie etwas mit Pferden zu tun hatte, entschloss er sich spontan, sich dort zu bewerben. Er wurde angenommen und lernte Polizeihauptkommissar August Obermeit kennen. Der sehr sympathische, aus Ostpreußen stammende Pferdemann, wurde nun sein Ausbilder. Von ihm sagt Ernst Leinert zurückblickend:
„Hauptkommissar August Obermeit war ein ganz besonderer Mensch in meinem Leben. Er war ein Pferdemann wie er im Buche steht. Für ihn war es schon in den 1950er Jahren ein Grundprinzip, Menschen und Pferde in Einklang zu bringen und das Pferd als gleichwertigen Partner zu sehen. August Obermeit hat mich und mein Verhältnis zu den Pferden entscheidend geprägt. Heute nennt man das Horsemanship. Für ihn war dieser Umgang mit den Pferden einfach etwas ganz Normales. Er lehrte schon damals das Reiten am langen Zügel im Sinne der Skala der Ausbildung. Und so wurde Horsemanship auch immer mein Prinzip bei der Arbeit mit Pferden und Reitern. Vor allem der faire Umgang mit dem Pferd war und ist mir außerordentlich wichtig.“
Im August 1960 begann Ernst Leinert dann seinen Dienst bei der Reiterstaffel der Berliner Polizei und war zum Beispiel als Streifenreiter im Berliner Grunewald unterwegs. Dann änderte sich sein Aufgabenbereich und er konnte sich dem widmen, was er am liebsten tat:
„Besonders gern arbeitete ich mit jungen Pferden. Seit 1963 gehörte ihre Ausbildung zu meinen Aufgaben bei der Reiterstaffel der Berliner Polizei. Es machte mir immer wieder große Freude, junge Pferde zu formen und ihre Entwicklung zu fördern.“
Nach einem Lehrgang, den er mit dem Bronzenen Reitabzeichen in Dressur und Springen abschloss, wurde Ernst Leinert Remontereiter in Spandau. Hier war er nun für die Ausbildung von Pferden für den Polizeidienst zuständig. Er bildete auch die Pferde aus, die für den Sport besonders geeignet erschienen und stellte sie auf Turnieren vor.
Zuerst war es der Wallach Heiko, den er auf Turnieren bis zur Klasse M ritt.
„Heiko war ein herausragendes Springpferd. Ich erinnere mich an eine Episode, in der er sein Sprungvermögen auf höchst ungewöhnliche Weise unter Beweis stellte. Heiko war kurze Zeit allein in der Reithalle, was ihm aber offenbar gar nicht gefiel. Kurzerhand beschloss er, die Halle zu verlassen und sprang ohne Probleme über die mannshohe Hallentür auf den gepflasterten Hof. Das überstand er völlig unbeschadet. Ich erinnere mich sehr gerne an ihn.“
Bis zum Ende der 1970er Jahre, als der Turniersport bei der berittenen Polizei eingestellt wurde, hat Ernst Leinert im Springen, der Dressur und der Vielseitigkeit auf Turnieren vorgestellt. Höhepunkte in dieser Zeit waren die zwei Europameisterschaften der Polizeireiter, bei denen er in an den Start ging.
„Nach der Einstellung des Turniersports,“ so erinnert sich Ernst Leinert, „ wurden die Pferde auch nicht mehr selbst ausgebildet. Jetzt wurden angerittene Pferde ausgesucht, die auf ihre Eignung für den Polizeidienst geprüft wurden.“ Auch hier fiel ihm auf Grund seiner Kenntnisse und Erfahrungen eine wichtige Rolle zu.
Im Oktober 1982 führt ihn sein Weg wieder in die Polizeischule Spandau mit dem Ergebnis, dass er sie im April 1983 mit dem Dienstgrad Kommissar verließ. Das hatte zur Folge, dass er als Kontaktbereichsbeamter mit Pferd in Schulzendorf gemeinsam mit seinem ehemaligen Turnierpferd Falke selbständig für Ordnung in diesem Bereich sorgen konnte.
Doch schon im April 1985 wurde er zurück nach Spandau gerufen und konnte dort nun als Reitlehrer junge Polizisten und auch wieder Pferde ausbilden. „Hier schlug dann mein Herz wieder für die jungen Pferde und ihre jungen Reiter.“
Ernst Leinert bildete sie in der Dressur, im Springen und natürlich für den Polizeidienst aus. „Die korrekte Anlehnung, die präzise Ausführung der Lektionen, der respektvolle Umgang mit und die Achtung vor dem Partner Pferd waren mir dabei besonders wichtig.“
Aber auch ganz andere Aufgaben hatte er zu bewältigen:
„Eine meiner beeindruckendsten Begegnungen war die mit Prinz Charles und Prinzessin Anne. Der heutige König Charles III. war nicht unnahbar, ganz im Gegenteil. Er kam auf uns zu, interessierte sich für unsere Arbeit bei der berittenen Polizei und suchte das Gespräch. Das galt auch für Prinzessin Anne, die an seiner Seite Berlin besuchte.“
Am 27.Mai 1994, bei wahrhaft königlichen Wetter fuhr Prinz Charles mit Eberhard Diepgen, dem damaligen Regierenden Bürgermeister von Berlin, in einem schwarzen Range Rover über das Maifeld. Anlass war die letzte britische Militärparade in Berlin zum Geburtstag von Queen Elisabeth II. Ernst Leinert gehörte zur berittenen Eskorte des Prinzen.
Man kann sich leicht vorstellen, dass der Hauptkommissar Ernst Leinert sich auch nach seiner Pensionierung 1995 nicht von den Pferden trennen wollte.
Er absolvierte 1996 in Warendorf eine Ausbildung zum Richter und war fortan an fast jedem Wochenende auf den Turnieren in der Region Berlin/Brandenburg unterwegs. Er richtete bis zur Klasse M. Und wenn man glaubt, dass das mit der Altersbegrenzungsregelung der FN mit seinem 80. Lebensjahr aufhörte, so irrt man. Ernst Leinert richtet immer noch in kleinen Klassen, bei Reiterwettbewerben und nimmt Reitabzeichen ab, so wie er es schon viele Jahrzehnte getan hat. Auch bei dieser Arbeit war und ist Horsemanship sein Grundprinzip, denn das Wohl der Pferde und natürlich auch das der Reiter steht für ihn an erster Stelle.
Auch als Richter auf dem Abreiteplatz kann man ihn häufig antreffen und immer im Gespräch mit Reiterinnen und Reitern der verschiedenen Altersklassen, die sich daran erinnern, dass sie einmal das Reitabzeichen bei ihm abgelegt haben oder auch Reitunterricht bei ihm hatten. Allein in der Reitanlage Bestensee war er mehr als 20 Jahre als Trainer tätig. Auch heute gibt er noch Reitunterricht und man weiß gar nicht so genau, ob er nicht selbst noch gelegentlich aufs Pferd steigt. Wenn man ihn danach fragt, lächelt er nur verschmitzt…
Fotos: Privat
Beitragsfoto: Hans-Joachim Reiner
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