Mit Mut zum Erfolg
Sechstes bundesweites Pferdeforum auf Schloss & Gut Liebenberg
Im historischen Rinderstall diskutierten versierte Trainer, erfolgreiche Reiter, renommierte
Züchter, Unternehmer und Marketingfachleute die Zukunft der Pferdezucht.
Roter Leitfaden waren der rasante Wandel in der Pferdezucht, die zunehmenden Fusionstendenzen der Hengsthalter, Erbkrankheiten wie WFFS, aber auch die moderne Kommunikation zwischen Mensch und Pferd.
Eingeladen hatten erneut die Deutsche Kreditbank, die Persönlichen Mitglieder der Deutschen Reiter-lichen Vereinigung und der Oldenburger Pferdezuchtverband.
Obwohl im Land Brandenburg veranstaltet und mit besonders mit vielen Besuchern aus dem neuen Bundesland, gab es auch beim 6.Forum keinen Referenten aus den neuen Bundesländern.
Beim 7.Forum 2020, wieder vor den Toren Berlins, soll auch die ostdeutsche Pferdezucht fokussiert werden.
Partner Pferd
Über Vertrauen, Belastbarkeit und tiefe Verbundenheit zwischen Mensch und Pferd sprach
Anne Krüger-Degener aus Melle im Landkreis Osnabrück. Um zur „Harmonilogie“ zu
gelangen, müsse Nähe und Distanz harmonisch und respektvoll sein.
“Pferde sind die besten Trainer der Welt und spiegeln das menschliche Verhalten“, betonte Anne Krüger- Degener.
Wichtig sei, Pferde individuell zu fördern, positiv zu aktivieren und die Signale wahrzunehmen. Bundesweit bekannt geworden ist die sympathische Tiertrainerin und Schäferin durch ihre beeindrucken-den Schaubilder mit Hunden, Ziegen, Enten und Pferden. Sie reitet auf ihrem Oldenburger Fürstenball-Nachkommen bis zur schweren Klasse.
Traditionelle Reitkunst ohne alten Zopf
Andrea Kerssenbrock, Sprecherin der Spanischen Hofreitschule Wien und Bereiter Helmut
Oberhauser betonten überzeugend, dass die Spanische Wiener Hofreitschule beispielgebend den Übergang von der Klassik zur Moderne zeige.
„Meilensteine waren der Umbruch von der höfischen zur militärischen, dann zur zivilen Leitung und die Überführung in eine Gesellschaft öffentlichen Rechts ohne Subventionen“, sagte Andrea Kerssenbrock.
Dazu gehöre seit 2008 die vor Jahren noch unmögliche Anstellung von Frauen als Reiter.
Heute seien 90 Prozent der Bewerber weiblich.
Ausgebildet werde nach den „Alten Meistern“, traditionell hart, zuerst mit Stallarbeit, dann zwei Jahre Longenreiten und Hochdienen zum Bereiter-Anwärter.
Das führe auch dazu, dass 80 Prozent der Azubis aussortiert werden. „Wir hören besser hin, weil die Zucht der Lipizzaner sich weiter entwickelt“, so Helmut Oberhauser. Von den 450 Lipizzanern gehören 100 zum
Ausbildungslot.
Auch für die Zuschauer änderte sich viel. Sie können die Hengste hautnah bei der Morgenarbeit erleben und ins Gespräch mit den Bereitern kommen.
Hengste, die früher nur in der Hofreitschule ihr Können zeigten, nehmen auch an Dressurturnieren teil. Dem mehr beachteten Pferdewohl dient das Trainingszentrum Heldenberg. Dort erholen sich die Schul-hengste vor ihren weltweiten Auftritten auf Paddocks und Koppeln, bei Ausritten und moderatem Training.
Über verändertes Mediennutzungsverhalten referierte anschließend Susanne Aigner-Drews, Programm-direktorin beim TV-Sender Eurosport. Oft gingen andere Sportarten vor, so dass die angekündigten Zeiten nicht immer eingehalten werden.
Keine Angst vorm bösen Gendefekt WFFS
Über das brandaktuelle, viel diskutierte und Furcht auslösende Thema Warmblood Fragile Foal Syndrome (WFFS) klärte Dr. Melissa Cox vom Center of Animal Genetics in Tübingen auf. Der WFFS Gendefekt führt bei Fohlen zu überdehnbaren Gelenken, empfindlicher Haut und anderen Defiziten.
Zehn Prozent der deutschen Warmblüter sind Träger der Erbkrankheit. Sie sollen nach Dr. Melissa Cox nicht aus der Zucht genommen werden, weil sich dadurch die Zuchtpopulation reduziert und andere Krankheiten begünstigt. Besser sei die Untersuchung von allen Zuchttieren, um gezielte Anpaarungen von Nichtanlageträgern mit Anlageträgern vorzunehmen.
Zusammenarbeit bringt Erfolg „Gemeinsam in Gang kommen, um mehr zu schaffen“, ist das Credo des Dänen Andreas Helgstrand. Der Olympiareiter aus Vodskov nahe Aalborg betonte, der größte Hengsthalter
der Welt zu werden, Weltklassepferde auszubilden und zu vermarkten. Er unterstrich, Erfolg komme über die Partnerschaften mit Investoren, Hengsthaltern und Pferdeleuten wie Paul Schockemöhle oder Rolf-Göran Bengstson.
Vor zehn Jahren gründete der Dressureiter mit 20 Pferden sein inzwischen überaus erfolgreiches Unter-nehmen „Helgstrand Dressage“.
Heute ist Helgstrand mit einem Jahresumsatz von 50 Millionen Euro, 450 Pferden, 100 Angestellten, mit Geschäften in Europa und in Florida/USA der größte Branchen Primus.
„Es ist wichtig, die jungen Hengste früh zu selektieren. Sie müssen einen klaren Kopf und hervorragende Grundgangarten haben. 50 Dressurhengste stehen in der Deckstation. Ich lege auf Top-Qualität größten Wert. 47 Prozent der Käufer haben mehr als ein Pferd gekauft. Passt das Pferd nicht zum Reiter, kann er es zurück bringen. Amateurreiter sind meine häufigsten Kunden“, sagte Helgstrand.
Über die herausfordernden Zukunftsperspektiven eines soliden Mehrgenerationenbetriebes sprachen Gerd und Tochter Janne Sosath aus Lemwerder im niedersächsischen Landkreis Wesermarsch. Auch sie pflegen die Zusammenarbeit mit Top Reitern. So ritt der Mecklenburger Holger Wulschner erfolgreich den Sosath- Hengst Diamant de Plaisir (Diamant de Semilly und For Pleasure).
Um sportliche Hengste und wie man Züchter begeistert, ging es beim Vortrag von Ausbilderin Beatrice Buchwald und Jens Hoffrogge von der namensgleichen Hengststation im nordrhein-westfälischen Dorsten. Auch für sie heißt es, alte Zöpfe abzuschneiden, den Kundennutzen stets in den Vordergrund zu stellen und dabei die sportlichen Ziele der Hengste im Auge zu behalten.
Auch diese gut vorbereiteten und bebilderten Vorträge brachten wichtige Zukunftsimpulse beim 6. Liebenberger Pferdeforum, das im nächsten Jahr wieder auf dem geschichtsträchtigen Schloss und Gut Liebenberg stattfinden soll.
Fotos: Margot Schöning
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